In jüngster Zeit häufen sich die Hinweise von Kostenträgern über die Ab-lehnung beantragter Behandlungspflegeleistungen für Werkstattgänger.
Auf die nachfolgenden soll deshalb hingewiesen werden:
1.
Mit Urteil des Thüringer LSG vom 15.12.2015 (-L 6 KR 1290/11-) stellte das Gericht fest, dass eine Werkstatt für behinderte Menschen zwar ein geeig-neter Ort für die Erbringung von häuslicher Krankenpflege iS des § 37 Abs1 SGB V sei. Eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversiche-rung besteht indes nicht, wenn schon der Einrichtungsträger zur Erbrin-gung hier streitgegenständlicher Insulininjektionen verpflichtet war.
Folgender Sachverhalt lag zugrunde.
Die seelisch und geistig behinderte Klägerin leidet unter anderem an Schi-zophrenie und einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus. Eine Pflegestufe wurde nicht zuerkannt. Der Hausarzt verordnete ihr dreimal täglich Insu-lininjektionen und einmal täglich das Richten von ärztlich verordneten Medikamenten. Die beklagte Krankenkasse lehnte die Kostenübernahme für das Setzen der Insulininjektion in Zeiten des Aufenthalts der Klägerin in der WfbM ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass häusliche Kran-kenpflege in WfbM nur geleistet werden könne, wenn die Intensität oder Häufigkeit der in der Werkstatt zur erbringenden Pflege so hoch sei, dass nur durch den Einsatz einer Pflegefachkraft Krankenbehandlung vermie-den oder das Ziel einer ärztlichen Behandlung gesichert werden könne. Ein hoher Pflegebedarf liege nicht vor. Aus diesem Grund würden die Kosten der ärztlich verordneten Insulininjektionen nur für die Zeiten übernom-men, an denen die Leistungserbringung im eigenen Haushalt erforderlich sei. Widerspruch und Klage in der ersten Instanz blieben erfolglos.
Das LSG wies die Berufung zurück.
Rechtsgrundlage für die Gewährung häuslicher Krankenpflege ist § 37 Abs. 2 SGB V in der ab 1. April 2007 geltenden Fassung. Nach dessen Satz 1 und
2 erhalten Versicherte in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kin-dergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in WfbM als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist; der Anspruch umfasst verrich-tungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen auch in den Fäl-len, in denen dieser Hilfebedarf bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach den §§ 14und 15 SGB XI zu berücksichtigen ist.§ 10 WerkstättenVO bleibt danach unberührt. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 WerkstättenVO muss die WfbM zur pädagogischen, sozialen und medizinischen Betreuung der behinderten Menschen über begleitende Dienste verfügen, die den Bedürf-nissen der behinderten Menschen gerecht werden (vgl. auch § 33 Abs. 6 SGB XI). Für je 120 behinderte Menschen sollen in der Regel ein Sozialpä-dagoge oder ein Sozialarbeiter zur Verfügung stehen, darüber hinaus im Einvernehmen mit den zuständigen Rehabilitationsträgern pflegerische, therapeutische und nach Art und Schwere der Behinderung sonst erforder-liche Fachkräfte (§ 10 Abs. 2 WerkstättenVO). Die besondere ärztliche Be-treuung der behinderten Menschen in der Werkstatt und die medizinische Beratung des Fachpersonals der Werkstatt durch einen Arzt, der möglichst auch die an einen Betriebsarzt zu stellenden Anforderungen erfüllen soll, müssen vertraglich sichergestellt sein (§ 10 Abs. 3 WerkstättenVO).
Konkretisiert wird dies gemäß § 37 Abs. 6 SGB V durch die Richtlinie über die Verordnung von Häuslicher Krankenpflege (HKP-RL), Abschnitt I Nrn. 2 und 6 der HKP-RL in der ab 14. Mai 2000 geltenden Fassung.
Danach kam das LSG zu der Auffassung, dass zwar die WbfM … ein ge-eigneter Ort für die Erbringung von häuslicher Krankenpflege i.S.d. § 37 Abs.1 SGB V sei. Eine Leistungspflicht der beklagten Kasse bestand indes nicht, weil schon der Einrichtungsträger zur Erbringung der streitgegen-ständlichen Insulininjektionen verpflichtet war.
Die Erbringung häuslicher Krankenpflege (auf Kosten der Krankenkasse) am Leistungsort WfbM setzt einen besonders hohen Pflegebedarf voraus (§ 37 Abs. 1 S. 1 und 2 S. 1 SGB V). Nach der Gesetzesbegründung kann ein Anspruch gegen die Kasse auf Leistungen in Form der häuslichen Kran-kenpflege auch in WfbM gegeben sein, „wenn wegen des besonders hohen Pflegebedarfs eines Versicherten die zur Verfügung stehenden pflegeri-schen Fachkräfte nicht ausreichen. Im Regelfall bleibt es hier aber dabei, dass nach § 10 der WerkstättenVO der pflegerische Bedarf durch die Werk-stätten selbst abgedeckt wird.“ (Bundestagsdrucksache 16/4247, Seite 33f.) Ein besonders hoher Pflegebedarf liegt demnach bei Versicherten vor, de-ren Pflege mit den Einrichtungen und dem Personal einer WfbM, also de-ren begleitenden Diensten, nicht ausreichend sichergestellt werden kann. Dies bedeutet nach Abschnitt I Nr. 6 Abs. 2 der HKP-RL, dass die Intensität oder Häufigkeit der in der WfbM zu erbringenden Pflege so hoch sein muss, dass nur durch den Einsatz einer Pflegefachkraft Krankenhausbe-handlungsbedürftigkeit vermieden oder das Ziel der ärztlichen Behand-lung gesichert werden kann und die WfbM nicht auf Grund des § 10 Werk-stättenVO verpflichtet ist, die Leistung selbst zu erbringen. Nach den genannten Vorschriften ist zu unterscheiden zwischen dem in einer WfbM üblichen Pflegebedarf und dem diesen Rahmen im Einzelfall überschrei-tenden besonders hohen Pflegebedarf der behinderten Menschen. Den üb-lichen Pflegebedarf muss die WfbM mit dem Personal ihrer begleitenden Diensten durch Maßnahmen der „kleinen Behandlungspflege“ (selbst) de-cken; dazu gehört regelmäßig etwa die Gabe von Insulinspritzen (vgl. Padé in jurisPK-SGB V, § 37 Rdnr. 34). Dagegen muss die Krankenkasse (bei Er-füllung der Leistungsvoraussetzungen im Übrigen) bei besonders hohem Pflegebedarf die Leistungen der häuslichen Krankenpflege gewähren. Die Regelungen unterscheiden dabei auch nicht danach, ob die medizinischen und therapeutischen Leistungen zur Behandlung der die Behinderung aus-lösenden Krankheit oder sonstiger Begleiterkrankungen (hier z.B. des Dia-betes der Klägerin) erforderlich sind. Daher begründet weder die geistige Behinderung der Klägerin und deren daraus resultierende Hilfebedürftig-keit für sich allein, noch die Notwendigkeit für die WfbM, hierfür – wie im Übrigen gerade von der WerkstättenVO nach dem oben Gesagten gefordert – Personal vorhalten zu müssen, eine besonders hohe Pflegebedürftigkeit. Dies ergibt sich vielmehr allein aus der konkreten Krankheit und dem Um-fang des hieraus folgenden notwendigen Pflegebedarfs.
In Anwendung dieser Grundsätze besteht bei der Klägerin hinsichtlich der Durchführung der einmal täglichen Insulininjektionen regelmäßig an fünf Tagen während des Aufenthalts in der WfbM kein besonders hoher Pflege-bedarf nach § 37 Abs. 1 Satz 1 und 2 Satz 1 SGB V. Die streitgegenständli-chen subkutanen Injektionen zählen zu den einfachen Leistungen der Be-handlungspflege; ihre Durchführung erfordert keine medizinische Fach-kraft oder -kenntnisse. Dies ergibt sich aus Nr. 18 des als Anlage zur HKP-RL geführten Leistungsverzeichnisses, wonach subkutane Injektionen überhaupt nur bei Patienten mit erheblichen, z.T. schwerwiegenden funk-tionellen Einschränkungen (etwa der Sehkraft oder der Feinmotorik) ver-ordnungsfähig sind. Der Richtliniengeber geht somit, wie sich im Umkehr-schluss ergibt, davon aus, dass alle anderen Versicherten subkutane Injek-tionen an sich selbst, ggf. nach Anleitung, durchführen können, medizini-sche Fachkenntnisse jedoch nicht erforderlich sind. … Die regelrechte Aus-führung der täglich wiederkehrenden Applikation des Insulins, gegebenen-falls auch vorangegangener Blutzuckermessungen und -anpassungen, kann im Falle der Klägerin durch geschulte Laien, z.B. geschulte Betreuungsper-sonen erbracht werden, wobei davon auszugehen ist, dass ein Zeitumfang von 5 bis 10 Minuten je Applikation ausreicht. Neben der Schulung ist da-bei zwar auch eine Vernetzung mit medizinischem Fachpersonal, wie z.B. dem behandelnden Hausarzt und/oder Diabetologen bzw. einem ambu-lanten Pflegedienst erforderlich. Diese Vernetzung mit entsprechend medi-zinisch ausgebildetem Fachpersonal dürfte bei Behinderteneinrichtungen nach Ansicht des Senats ohnehin die Regel sein, zumal § 10 Abs. 3 der WerkstättenVO ausdrücklich die vertragliche Sicherstellung der besonde-ren ärztlichen Betreuung der behinderten Menschen in der Werkstatt und der medizinischen Beratung des Fachpersonals der Werkstatt durch einen Arzt fordert. Die Gefahr des Auftretens von Komplikationen sowie die
Notwendigkeit der begleitenden Behandlung durch den Hausarzt bzw. des Diabetologen bis hin zu gegebenenfalls erforderlichen kurzeitigen Klini-kaufenthalten besteht im Übrigen gleichermaßen bei nicht behinderten Menschen mit Diabeteserkrankung, die die Blutzuckerbestimmung sowie die Insulinapplikationen selbst vornehmen.
Das LSG wies ferner darauf hin, dass es nicht darauf ankommt, ob der gel-tende Rahmenvertrag von 2005 oder die Leistungs-, Vergütungs- und Prü-fungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII eine entsprechende Verpflich-tung der WbfM enthalten. Dies verneint der Einrichtungsträger und macht geltend, dass nach dem Stellenschlüssel auch keine entsprechenden Fach-kräfte vorgehalten werden. Demgegenüber geht der beigeladene Sozialhil-feträger davon aus, dass die nach § 10 WerkstättenVO durch die Einrich-tung zu erbringende Pflegeleistungen Gegenstand der abgeschlossenen Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung seien. Letztlich kann diese Frage dahinstehen, denn selbst wenn der Auffassung des Einrich-tungsträgers zu folgen wäre, kann dies jedenfalls nicht entgegen dem Ge-setzes- bzw. Verordnungswortlaut zu einer Verlagerung der Leistungszu-ständigkeit auf die beklagte Kasse mittels entsprechender vertraglicher Regelungen führen. Andernfalls hätten es die WbfM in der Hand, Inhalt und Umfang der von ihnen zu erbringenden Leistungen selbst zu bestim-men und Leistungen zu Lasten anderer Kostenträger, hier der beklagten Krankenversicherung, auszugliedern. Erforderlichenfalls haben der Sozial-hilfeträger und die Einrichtung die Vereinbarung und die Personalausstat-tung der Einrichtung der Rechtslage nach der Neufassung des § 37 SGB V anzupassen.
Schließlich machte das LSG deutlich, dass seinem Urteil die neueren Ent-scheidungen des BSG (vgl. Urt. vom 25. Februar 2015 – Az.: B 3 KR 10/14 R und B 3 KR 11/14) nicht entgegen stehen. Der vorliegende Fall unterschei-de sich von den vom BSG entschiedenen Fällen dergestalt, dass für die WfbM abweichende rechtliche Grundlagen (nämlich § 37 Abs. 1 S. 1 und 2 S. 1 SGB V i.V.m. § 10 der WerkstättenVO sowie der HKP-RL) im Vergleich zu den Einrichtungen der Eingliederungshilfe gelten, die Gegenstand der Entscheidungen des BSG waren. Im Übrigen handelte es sich bei den im Urteil des BSG vom 25. Februar 2015 (Az.: B 3 KR 11/14 R) genannten In-jektionen erkennbar nicht um lediglich subkutan zu verabreichende Insuli-ninjektionen, für die keine medizinische Ausbildung erforderlich ist, denn der dortige Versicherte litt nicht an einem insulinpflichtigen Diabetes melli-tus.
Infolge dieses Urteils hätten betroffene Werkstattgänger keinen Anspruch auf Kostenerstattung für selbst beschaffte Leistungen der Behandlungs-pflege während ihres Aufenthaltes in der WfbM. Nicht sie, sondern die WfbM hätte ambulante Pflegedienste mit der Erbringung der Leistung zu beauftragen, sofern sie selbst kein geeignetes Personal vorhalten.
2.
Ganz anders sieht es das Sächsische LSG in einem erst dieser Tage veröf-fentlichen Urteil vom 26.08.2016 (-L 1 KR 137/11-).
Nach Sicht der sächsischen Richter haben Werkstätten für behinderte Men-schen medizinisches Pflegepersonal nur insoweit vorzuhalten, wie dies ihre Eingliederungsaufgabe erfordert. Einfachste medizinische Maßnahmen wie z.B. das Messen des Blutzuckergehalts gehören zwar regelmäßig zum Auf-gabenkreis der Einrichtung. Über einfachste Behandlungspflegemaßnah-men hinausgehende behandlungspflegerische Maßnahmen wie z.B. die Gabe von Insulininjektionen fallen in der Regel aber dann nicht in den Ver-antwortungsbereich einer WfbM, wenn sie der Behandlung einer Erkran-kung dienen, die nicht behinderungsspezifisch ist bzw. nicht im Zusam-menhang mit der die Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verhindernden Art oder Schwere der Behinderung steht.
Die Fälle beider Urteile sind vergleichbar.
Hier war die Klägerin ebenfalls multimorbide und litt u.a. an einem insu-linpflichtigen Diabetes mellitus. Die Übernahme von Kosten für subcutane Insulininjektionen wurden durch die Kasse abgelehnt. Die Verabreichung der Injektion sei im Rahmen der medizinischen Betreuung vom Personal der Einrichtung zu erbringen. Sie – die Kasse – könne deshalb die beantrag-te Leistung nicht im Rahmen der häuslichen Krankenpflege erbringen.
Dies sahen die sächsischen Richter anders und verurteilten die Kasse zur Kostenübernahme.
Zwar, so die Richter, gehören einfachste medizinische Maßnahmen, die für Versicherte im eigenen Haushalt von jedem erwachsenen Haushaltsange-hörigen erbracht werden können und keine medizinische Fachkunde er-fordern, wie z.B. die Einnahme von Medikamenten oder das Messen des Blutzuckergehaltes, regelmäßig der Natur der Sache nach zum Aufgaben-kreis der Einrichtung. Sie sind mit der Gewährung von Eingliederungshilfe durch den Sozialhilfeträger in einer (teil)stationären Einrichtung untrenn-bar verbunden und daher objektiv bereits Bestandteil der Eingliederungs-hilfe (BSG, Urteil vom 22. April 2015 – B 3 KR 16/14 R – juris Rn. 32 ff.). Derartige einfachste Maßnahmen der Behandlungspflege hat die Einrich-tung wie jede andere Einrichtung der Eingliederungshilfe zu leisten.
Bei der vorliegend erforderlichen Gabe von Insulininjektionen handelte es sich jedoch nicht um eine solche und einfachste Maßnahme der Behand-lungspflege. Auch wenn diese behandlungspflegerischen Maßnahmen von erwachsenen Patienten regelmäßig selbst durchgeführt werden, sind für ihre Durchführung erhebliche medizinische Kenntnisse erforderlich, die den Patienten, die die Injektionen selbst durchführen, zuvor vermittelt werden (müssen). So sind Kenntnisse über günstige Injektionsregionen sowie das Wechseln der Injektionsstellen erforderlich, da es, wenn ohne ausreichende Regenerationszeit allzu häufig dieselbe Einstichstelle genutzt wird, zu ungewollten Haut- und Fettgewebsveränderungen kommen kann. Dosis und Art des verordneten Insulins (zu unterscheiden sind insbesonde
re schnell wirkende Insuline und solche mit einer längerfristigen Wirkung) sollen regelmäßig in Absprache zwischen Arzt und Patient entsprechend der Blutzuckermesswerte sowie des Ess- und Bewegungsverhaltens ange-passt werden, wobei dem Patienten ein bedarfsabhängiger Beurteilungs-spielraum eingeräumt werden kann, da ein entsprechend interessierter, geschulter und im Umgang mit seiner Erkrankung erfahrener erwachsener Patient seinen Bedarf am besten selbst einschätzen kann. Von Dritten er-fordert der sachgerechte Umgang mit solchen medizinischen Beurteilungs-spielräumen aber beachtliche medizinische Kenntnisse, über die regelmä-ßig nur medizinisches Fachpersonal verfügt (BSG, Urteil vom 22. April 2015 – B 3 KR 16/14 R –).
Entscheidend für die Leistungspflichten der Einrichtungen zur Hilfe be-hinderter Menschen sind das in den Vereinbarungen nach den §§ 75 ff. SGB XII festgelegte Ziel und der Zweck der Einrichtung, ihr Aufgabenprofil, die vorgesehene sächliche und personelle Ausstattung sowie der zu betreuen-de Personenkreis. Es ist jeweils zu prüfen, ob die Einrichtung die konkrete behandlungspflegerische Maßnahme nach ihrem Aufgabenprofil, der Aus-richtung auf ein bestimmtes Bewohnerklientel und aufgrund ihrer sächli-chen und personellen Ausstattung selbst zu erbringen hat. Ist sie nach ih-rem Aufgabenprofil auf eine besondere Zielgruppe ausgerichtet, bei der ständig bestimmte behandlungspflegerische Maßnahmen erforderlich wer-den, und ist die Einrichtung deshalb entsprechend sächlich und personell auszustatten, hat sie diese behandlungspflegerischen Maßnahmen auch zu erbringen, weil ohne sie die Eingliederungsaufgabe im Hinblick auf die Zielgruppe der Einrichtung nicht erreicht werden kann (BSG, Urteil vom 22. April 2015 – B 3 KR 16/14 R –).
Bei der im Streitfall betroffenen Einrichtung handelt es sich um eine Ein-richtung zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben zur Einglie-derung in das Arbeitsleben, die denjenigen, die wegen Art oder Schwere der Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht beschäftigt wer-den können, eine Beschäftigung anzubieten hat und ihnen zu ermöglichen hat, ihre Leistungs- oder Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu entwickeln, zu erhöhen oder wiederzugewinnen und dabei ihre Persönlichkeit weiterzu-entwickeln (§ 136 Abs. 1 Satz 1 SGB IX); zur Erfüllung dieser Ziele und (nur) insoweit hat sie nach § 10 WVO begleitende Dienste vorzuhalten. Da die Einrichtung behandlungspflegerische Maßnahmen nur insoweit zu erbringen und demzufolge erforderliches medizinisches Fachpersonal vor-zuhalten hat, wie dies ihre Eingliederungsaufgabe erfordert (s.o.), fallen jedenfalls über einfachste Behandlungspflegemaßnahmen hinausgehende behandlungspflegerische Maßnahmen dann nicht in ihren Verantwor-tungsbereich, wenn sie der Behandlung von Erkrankungen dienen, die nicht behinderungsspezifisch sind bzw. nicht im Zusammenhang mit der die Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verhindernden Art oder Schwere ihrer Behinderung stehen. Hierzu zählt eine Diabeteserkrankung, die eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in der Regel nicht verhindert, ersichtlich nicht mit der Folge, dass die Einrichtung
medizinisches Personal für einer Diabeteserkrankung dienende Behand-lungspflegemaßnahmen nicht vorzuhalten hat.
Sähe man dies anders, wäre die Einrichtung verpflichtet, für Behandlungs-pflegemaßnahmen aller theoretisch in Betracht kommenden Erkrankungen und Behinderungen, die bei den bei ihr aufgenommenen Person vorliegen könnten, entsprechendes Fachpersonal vorzuhalten. Eine so weit gehende Verpflichtung lässt sich, insbesondere im Lichte der zitierten Rechtspre-chung des BSG im Urteil vom 22. April 2015, aus § 10 WVO nicht ableiten und hätte zudem zur Folge, dass Versicherte mit einem besonderen Ver-sorgungsbedarf nur in einer solchen WbfM aufgenommen werden könn-ten, in der diesem Versorgungsbedarf Rechnung getragen werden kann und weitere Gesichtspunkte, wie z.B. eine wohnortnahe Unterbringung nicht berücksichtigt werden könnten (ebenso LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 1. März 2013 – L 4 KR 3797/11 –).
Da somit zum einen die Gabe von Insulininjektionen vorliegend nur von medizinischem Fachpersonal vorgenommen werden konnte, zur Vermei-dung von Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit erforderlich war und des Weiteren die Einrichtung nicht aufgrund von § 10 WVO verpflichtet war, diese Leistung selbst zu erbringen, sind die in Abschnitt I Nr. 6 2. Absatz HKP-RL in der ab 11. Juni 2008 geltenden Fassung genannten Vorausset-zungen für die Erbringung häuslicher Krankenpflege durch die Kasse er-füllt. Ein besonders hoher Pflegebedarf i.S.d. § 37 Abs. 2 SGB V ist vorlie-gend zu bejahen mit der Folge, dass die Kasse zur Erbringung der häusli-chen Krankenpflege verpflichtet war.